Bei der Suche nach Investoren für die finanziell angeschlagene Güterbahn Lineas als Nachfolger der mehrheitlich privatisierten SNCB Logistics hat sich nun auch der belgische Mobilitätsminister Georges Gilkinet eingemischt. Dies berichtet die Tageszeitung De Tijd am 24.10.2023. Da bislang nur 20 der benötigten 100 Mio. EUR bereitgestellt wurden drängt der Minister auf eine weitere staatliche Hilfe – Entscheidungen müssten am Freitag im Kabinett getroffen werden, betont Gilkinet. Seiner Meinung nach ist es keine Option, Lineas in die Pleite gehen zu lassen, da sie ein entscheidendes Bindeglied im Güterverkehr vom Hafen Antwerpen darstellt, für den es kurzfristig keine Alternative gibt. Lineas hatte jüngst bekannt gegeben, ab 2024 wieder schwarze Zahlen schreiben zu wollen.
Die Güterbahn kommentierte den Zeitungsbeitrag am 25.10.2023 wie folgt: „[…] Obwohl Lineas auf dem besten Weg ist, seine Herausforderung zu meistern, freut es sich, heute zu lesen, dass die belgischen Behörden erkennen, dass das Unternehmen ein wesentliches Glied in der Gütertransportkette ist und dass die Regierung – wenn nötig – bereit ist, diesen Vermögenswert zu erhalten von strategischer Bedeutung für die belgische Wirtschaft. […]“. Mitbewerber bezeichneten das Ausspielen der „unverzichtbar“-Karte einer marktbeherrschenden Stellung, um damit staatliches Geld zur Unternehmensrettung „zu erpressen“, als „skandalös“. In einem späteren Zeitungsbeitrag wird Lineas-CEO Bernard Gustin mit den Worten zitiert: Wir haben keine staatliche Hilfe beantragt“.
Brancheninsider sehen das Rufen nach staatlicher Rettung nach verlustbehafteter Güterbahn-Privatisierung aus einem weiteren Grund kritisch. „Jede Staatsbahn wird das zum Anlass nehmen und ihrem Eigentümer sagen „darum dürfen wir nie privatisiert werden““ prophezeite ein Bahnmanager im Gespräch mit railfreight.eu.
Lineas hatte sich Ende 2022 auf die Suche nach benötigten Finanzmitteln in Höhe von 100 Mio. EUR begeben. Im Mai 2023 waren zunächst 20 Mio. EUR durch die beiden Gesellschafter, den französischen Investmentfonds Argos Wityu und SFPIM, dem Investitionsvehikel der Bundesregierung eingebracht worden. Im Rahmen der Aufstockung hatte SFPIM seinen Anteil von 10 % auf 35 % erhöht. Laut Lineas laufen aktuell weiterhin Gespräche mit Dritten bezüglich der Gewinnung von Finanzmitteln.