Drehgestellwechselanlage für Šeštokai?

Die Ukrainische Eisenbahn („Ukrzaliznycja“; UZ) ist der Ansicht, dass der Bau einer Wechselanlage für Güterwagendrehgestelle am litauischen Bahnhof Šeštokai den Warenfluss zu den Häfen von Litauen und Lettland erhöhen könnte. Das Problem: Fast ein Jahr dauert die Umsetzung.

Um den Eisenbahnverkehr zwischen der Ukraine und Litauen über Polen besser zu organisieren, wandte sich die UZ schon im Frühjahr 2022 an ihre europäischen Kollegen und bat sie, am Bahnhof Šeštokai eine Drehgestellwechselanlage zu installieren. Man wäre sogar bereit, dafür die eigenen Wagenheber zur Verfügung zu stellen. Es wurde jedoch mitgeteilt, dass dieses Projekt in der europäischen Realität aufgrund von Landvergabeverfahren bestenfalls im April 2023 umgesetzt werden kann.

Ziel ist, das Volumen der Exportladungen, das von den Häfen Polens und Rumäniens nicht aufgenommen werden kann, schnell zu den Ostseehäfen Litauens und Lettlands zu schicken, insbesondere nach Klaipėda/Memel.

Vorangetrieben wird auch die Elektrifizierung der Strecken Kovel‘ – Izov – Staatsgrenze und Kovel‘ – Jahodyn – Staatsgrenze sowie die Öffnung neuer Grenzübergänge. Zusätzliche Grenzübergänge allein werden jedoch das Problem nicht lösen, da das europäische Eisenbahnnetz nicht in der Lage ist, 140 Mio. t ukrainische Exportladungen aufzunehmen. Dabei geht es vor allem um die mangelnde Kapazität der nächstgelegenen Häfen in Polen und Rumänien.

Weitere Grenzübergänge zur Ukraine

Die ukrainische Eisenbahn plant, sechs weitere Grenzübergänge für den Schienengüterverkehr nach Europa zu öffnen, allesamt an bereits existierenden Strecken. An der polnischen Grenze betrifft dies die normalspurigen grenzüberschreitenden Abschnitte Rava Rus’ka – Hrebenne, Chyriv – Staržava – Krościenko und Chyriv – Nyžankovyči – Małhowice, an der rumänischen Grenze die breitspurigen Abschnitte Dilove – Valea Vișeului – Sighetu Marmației und Teresva – Câmpulung la Tisa – Sighetu Marmației, sowie an der moldauischen Grenze den erst kürzlich wiederaufgebauten breitspurigen Abschnitt Berezyne – Basarabeasca.

Der Aufwand dafür ist unterschiedlich, neben dem Bau von zusätzlichen Kontrollpunkten, der an den normalspurigen Strecken notwendig ist, könnten die breitspurigen innerhalb von drei Monaten betriebsbereit sein, da es sich nur noch um Dokumentationsarbeit handelt. Die drei Grenzübergänge zu Polen befinden sich noch im Bau und sollen bis 2023-2024 fertiggestellt werden.

Mit den zusätzlichen sechs wird es insgesamt 19 Grenzpunkte zwischen der Ukraine und den westlichen europäischen Ländern geben. Dies reicht nicht aus, um die wachsende Zahl von Zügen aufzunehmen, die Fracht aus der Ukraine nach Europa exportieren.

Außerdem arbeiten die bestehenden Grenzübergänge gegenwärtig nur mit der Hälfte der verfügbaren Kapazität. Jeden Tag schlägt die Ukrainische Eisenbahn 1.700 Güterwagen oder etwa 110.000 t Fracht um, während sie bis zu 3.420 Wagen abfertigen könnte. Der Hauptgrund für die unzureichende Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten ist die mangelhafte Verfügbarkeit der Infrastruktur der Nachbarländer, von denen die wichtigsten Gründe der Mangel an Lokomotiven und begrenzte Fähigkeiten bei der Arbeit mit Breitspurmaterial sind.

Captrain Polska: Mehr Getreide aus der Ukraine

Captrain Polska baut den Transport von Getreide aus der Ukraine aus. Seit November 2022 wird für einen neuen , nicht genannten Kunden neu auch vom Grenzbahnhof Dorohusk zu den Seehäfen gefahren.

Captrain Polska übernimmt seit Beginn der Ukrainekrise den Transport von containerisiertem Getreide aus der Ukraine über den südlich von Dorohusk liegenden Übergang Medyka / Mostiska mit aktuell 2-3 Zügen pro Woche.

Ukraine Abkommen mit GUS-Staaten beendet

Die Ukraine hat das Verfahren zum Austritt aus dem Abkommen über die Koordinierungsstellen für den Eisenbahnverkehr der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) abgeschlossen. Die entsprechende Entschließung wurde vom Ministerkabinett der Ukraine gebilligt.

Jegliche Zusammenarbeit mit Russland und Weißrussland im Rahmen dieses Abkommens wurde von der Ukrzaliznycya bereits am 24.02.2022, d.h. in den ersten Minuten des vollständigen Einmarsches der Russischen Föderation, beendet. Seitdem hat es keinen Informationsaustausch zwischen den Eisenbahnverwaltungen der Ukraine und Russlands mehr gegeben. Darüber hinaus sprengten ukrainische Streitkräfte Ende Februar 2022 Eisenbahnknotenpunkte, die die ukrainische Eisenbahn mit der russischen verbinden.

Neben der Ukraine gehören dem Rat Aserbaidschan, Russland, Belarus, Tadschikistan, Armenien, Usbekistan, Turkmenistan, Kasachstan, Kirgisistan und Moldawien an. Die durch dieses Abkommen eingerichteten Koordinierungsstellen befinden sich auf dem Territorium Russlands und der Vorsitzende ist der Generaldirektor der Russischen Eisenbahnen RŽD ohne zeitliche Begrenzung. Im Rahmen dieses Abkommens sollten die teilnehmenden Länder die betrieblichen Aktivitäten der Eisenbahnen, die Entwicklung von Vorschriften für die Organisation der Beförderung von Gütern und Personen koordinieren. Außerdem sollte der Rat eine Buchführung über das rollende Eisenbahnmaterial und einen ständigen Informationsaustausch zwischen den Systemen der Ukraine und Russlands durchführen.

Ukraine: Reni erhält normalspuriges Containerterminal

Der Stadtrat von Reni gab am 27.10.2022 grünes Licht für die Zuweisung von Land und den Bau eines multimodalen Terminals, das auch einen Normalspuranschluss erhalten soll. Die 1.435-mm-Spur vom benachbarten Galați (RO) soll damit über Giurgiulești (MD) in die ukrainische Hafenstadt Reni verlängert werden. Die Normalspurstrecke existiert bereits bis Giurgiulești, daher sind weniger als 8 km neuer Gleise nötig, was aber der teuerste Teil des Projekts sein wird.

Bis Ende der 1990er Jahre existierte bereits diese Normalspurverbindung über den Bahnhof Reni hinaus bis zum Bahnhof Lyman-Dunajs‘kyj, wo es eine Umspuranlage für Güter- und Personenwagen sowie einen Eisenbahnumschlagkomplex gab. Die von Galați kommende Normalspur wurde 2013 allerdings nur teilweise renoviert, das Vierschienengleis endet seitdem im moldauischen Giurgiulești.

https://openrailwaymap.org/?style=gauge&lat=45.44784807007379&lon=28.240184783935547&zoom=12

Der 5 ha große Komplex innerhalb der Stadt Reni ist für die Umladung vom Lkw auf die Eisenbahn, insbesondere Container, zum Weitertransport in die Europäische Union vorgesehen. Das Grundstück wird im Rahmen eines langfristigen Pachtvertrags für einen Zeitraum von 49 Jahren an das Unternehmen „Reni Logistyk“ vergeben. Dieses ist bereit, 20 Mio. UAH (rund 538.000 EUR) in die Umsetzung des Projekts zu investieren. Der dafür notwendige Transit der Güter durch die Republik Moldau hat sich nach der Wiederherstellung der Strecke vom ukrainischen Berezyne zum moldauischen Bahnhof Basarabeasca und eines daraufhin geschlossenen Abkommens zum Korridorverkehr erheblich vereinfacht.

RCG: Mehr Getreide aus der Ukraine

Seit Kriegsausbruch bis Ende August 2022 wurden von der ÖBB Rail Cargo Group (RCG) bereits 580.000 Tonnen Getreide aus der Ukraine transportiert. Allein im August waren es über 145.000 Tonnen.

Aufgrund der geographischen Lage der verarbeitenden Betriebe ging im August ein Großteil der Lieferungen nach Ungarn, gefolgt von Deutschland, Italien und Rumänien sowie in die Niederlande. Die RCG-Getreidezüge fahren dabei über vier Grenzübergänge: Zum einen über die ukrainisch-slowakische Grenze bei Chop, die ukrainisch-ungarische Grenze bei Záhony, die ukrainisch-rumänische Grenze bei Reni sowie die ukrainisch-polnische Grenze bei Chyriw.

Grafik: RCG

Die RCG rechnet in den kommenden Monaten mit einer unveränderten Nachfrage auf dem aktuellen Niveau. Zur Beschleunigung der Getreideexporte wird die Kooperation mit der ukrainischen Staatsbahn Ukrzaliznica (UZ) weiter ausgebaut. Die Einrichtung einer ständigen bilateralen Arbeitsgruppe wurde Ende August 2022 beschlossen. Dabei sollen u.a. der Datenaustausch und die Prozesse zwischen den Kooperationspartnern bzw. die Auslastung der Umschlagkapazitäten optimiert werden.

Rostock: Erster Zug mit Ukraine-Mais

Am 23.08.2022 ist ein erster Zug mit 1.200 t Futtermais aus der Ukraine in Rostock entladen worden. Für das Getreideterminal Rostock (GTR) der erste Mais überhaupt, bislang wurden dort nur jährlich 3-4 Mio. t Weizen, Gerste und Mais per Schiene oder Straße angeliefert und dann per Schiff exportiert. Den Probezug aus der Ukraine hatte DB Cargo an der ukrainisch-polnischen übernommen, er umfasste 21 Waggons.

ZSSK Cargo: Altpapier in die Ukraine

Der Krieg in der Ukraine hat der slowakischen Güterbahn ZSSK Cargo neue Geschäfte in Form von Recyclingpapiertransporten beschert. Diese absolvieren den Grenzübertritt per Bahn und sind somit deutlich schneller als der Lkw, denn auf der Straße betragen die Wartezeiten an den Grenzübergängen oftmals mehr als 24 Stunden. Allein in den ersten drei Juniwochen 2022 wurden 4.500 Tonnen Altpapier per Bahn befördert.

Altpapierverladung in Sečovce. Foto: ZSSK Cargo

Das Altpapier wird per Lkw dabei aus der Slowakei, Polen und Ungarn in Sečovce gesammelt und im Gleisanschluss der Firma Malex3 verladen. In der Vergangenheit wurde dieser für den Import und die Lagerung von Salz aus der Ukraine verwendet, das in Waggons über den Grenzübergang Maťovce hierher geschickt wurde.

Bei den Transporten werden zweiachsige Wagen des Typs Hbis von ZSSK Cargo verwendet, die aufgrund der hohen Nachfrage um Rils ergänzt wurden. Die Güterbahn erledigt die lokale Bedienung mit Dieselloks der Baureihen 742 und 751. Über den Knoten Trebišov gelangen die Waggons zum Rangierbahnhof in Košice und weiter in einem Wagen des Einzelwagenverkehres zum Grenzbahnhof Čierna nad Tisou. Im Falle ausreichender Mengen wird fallweise auch durchgehend als Ganzzug gefahren. Nach Grenzübertritt gelangen die Waggons zur Umladung in Breitspurwaggons zum Terminal Karpaty in Uzhhorod. Ziel sind drei Papierfabriken in der Ukraine.

Dieselloks der Baureihen 752 und 751 bespannen die erste Meile. Foto: ZSSK Cargo

Captrain Polska fährt Getreide aus der Ukraine

Captrain Polska transportiert Getreide über die polnisch-ukrainische Grenze. Aktuell sind es drei zum Großteil mit Getreide beladene Züge in der Woche, die über die Grenze zwischen Mostyska [UA] und Medyka [PL] gefahren werden. Der Transport erfolgt im Auftrag eines großen intermodalen Operateures.

Trotz der limitierten Kapazitäten an der Grenze wird nach Unternehmensauskunft intensiv daran gearbeitet, die Verfügbarkeit von Lokomotiven und Personal zu erhöhen, um zukünftig sechs Züge in der Woche zu fahren.

Foto: Captrain Polska

Polen kann von Ukraine-Krise profitieren

Die polnische Bahntransportwirtschaft kann von den Veränderungen durch den Krieg in der Ukraine profitieren. Dies erläutert Marcin Witczak, Präsident von Laude Smart Intermodal, in einem Interview mit wnp.pl.

So ermögliche die Infrastruktur auf polnischer Seite im Vergleich zu dem, was heute transportiert wird, ein Vielfaches an Gütern aus der Ukraine zu transportieren. Probleme bestünden mit der Grenzkapazität. Würde Polen die Chance nicht nutzen, ist absehbar dass Rumänien u.a. über den Tiefseehafen Constanța einen großen Teil der Verkehre aus der Ukraine übernimmt. Als Transportlösung schlägt der Laude-CEO vor, das Getreide zu Containerisieren und so den Umschlag von Breit- auf Normalspur wesentlich zu beschleunigen. Zudem bestünden Bestrebungen, einen Teil der Ukrainischen Bahninfrastruktur auf Normalspur umzurüsten, um so den Transport nach Europa zu beschleunigen.

Laude könnte im eigenen Terminal Zamość sowie im Euroterminal in Sławków theoretisch 5 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide pro Monat umschlagen. In den Silos der Ukraine würden aktuell noch 25 Mio. t Getreide lagern, die dringend abtransportiert werden müssten, so Witczak.

Laude ist nach eigener Aussage der größte polnische Spediteur, der sich mit dem Transport von Gütern auf der Schiene aus der Ukraine befasst.